Ein zweiter Besuch in Chloride, Arizona Henk Ruinaard Einleitung Dieser Artikel wurde Ende 2014 entworfen und der Redaktion des Ecf angeboten. Damals war Echinocereus coccineus subsp. gurneyi (Benson) Felix & Bauer ein ganz frisch etablierter Name und die Anwesenheit von E. coccineus subsp. coccineus in Arizona noch Gegenstand der Diskussion (BLUM & FELIX 2014). Im Laufe des Jahres 2015 wurde dann noch der Name Echinocereus gurneyi (Benson) W. Blum, T. & J. Oldach (BLUM & al. 2015a) etabliert; außerdem wurden die coccineus-Populationen im Südosten von New Mexico und Westtexas beschrieben als Echinocereus coccineus subsp. transpecosensis W. Blum,T & J Oldach (BLUM & al. 2015b). Wenig später wurden die coccineus-artigen Populationen im Norden von Arizona neu beschrieben und als Echinocereus bakeri W. Blum, T. & J. Oldach (BLUM & al. 2015c) benannt. Der Typstandort liegt bei Clarkdale im Yavapai County in 1065 m Höhe, ca. 300 km östlich von Chloride. Ursprüngliches Ziel meines Manuskriptes war zu diskutieren, welche Echinocereus-Art in Chloride vorkommt. Aufgrund der Merkmale und der Ploïdie stellte ich fest, dass Echinocereus coccineus subsp. coccineus die beste Wahl war. Mit den heutigen Kenntnissen ist dieses Vorkommen bei Echinocereus bakeri einzustufen! In diesem überarbeiteten Artikel sind die alten Bezeichnungen, soweit es Arizona betrifft, schon durch die neuen Namen ersetzt. Zur USA-Rundreise 2013 Meiner Erfahrung nach ist ein zweiter Besuch manchmal eine große Enttäuschung; also nicht so gut wie ein erster Eindruck oder ein erster Besuch. Beim ersten Besuch in Chloride am 4. Juni 2009 hatte ich viele schöne Echinocereen gefunden, aber die Einstufung der Populationen war unsicher, weil die Pflanzen damals nicht geblüht hatten. Nach einem Aufenthalt an der Route 66 in Seligman waren meine Erwartungen sehr hoch, als wir am 31. März 2013 wieder nach Chloride mit unserem großen Wohnmobil fuhren. Der RV-Campground, welchen ich schon beim ersten Besuch gesehen hatte, ist ein typischer USA-RVCampground, mit eigentlich nur permanenten Bewohnern. Wir waren die einzigen Kurzzeitbesucher, wurden aber trotzdem freundlich begrüßt und herzlich eingeladen für 20 US$ zu übernachten. Wir haben unsere Rundreise am 7. März 2013 begonnen. Ich hatte schon vor dem Antritt der Reise realisiert, dass die Zeitplanung ein ziemlicher Irrtum war. Aber seit November 2012 war der Flug schon gebucht und das Wohnmobil reserviert. Und so passierte es, dass wir nach einer Übernachtung im Flamingo Hotel in Las Vegas mit unserem 29 feet (9,57 Meter) langen Cruise America Wohnmobil zu unserem ersten Campingplatz im Red Rock Canyon (südlich von Las Vegas) fuhren. Es war kalt und regnerisch, also kein guter Anfang unserer Rundfahrt. Die Voraussetzungen, um Echinocereen in Blüten zu sehen, waren schlecht. Weil ich aber gerne Blüten in Chloride sehen wollte, stellte ich meine Planung um und plante Chloride am Ende der Reise, statt wie ursprünglich vorgesehen, am Anfang ein. In den ersten zwei Wochen der Reise konnte ich keine Echinocereenblüte fotografieren, aber im Laufe der letzten beiden Wochen des März öffneten sich die ersten Blüten und zwar an folgenden Tagen und Standorten: 22-03-2013: E. coccineus subsp. transpecosensis, Davis Mountains, Texas 23-03-2013: E. coccineus subsp. paucispinus, Monahans Sandhills State Park, Texas, kultiviert 28-03-2013: E. engelmannii subsp. fasciculatus, Roosevelt Lake, Arizona 29-03-2013: E. bakeri, Red Rock State Park, Arizona. Der Besuch in Chloride Beim ersten Spaziergang über den Chloride Western RV-Park wurde ich schon angenehm überrascht von einer rot blühenden Echinocereus-Pflanze. In der Stadtmitte blühten die Gruppen auch überall, zum Beispiel im Garten des „Christmas Shop“ (Abb. 1), welchen ich vor Jahren auch schon fotografiert hatte. Weil ich jetzt die Blüten zum Vergleich vorfand, wurde mir klar, dass alle im Dorf kultivierten Echinocereen-Gruppen zur gleichen Spezies gehörten (Abb. 2 und 3). Die Frage war nur noch, zu welcher? Könnte das E. triglochidiatus subsp. mojavensis sein oder E. coccineus subsp. coccineus? Um diese Frage zu beantworten, braucht man Informationen in Form von sich unterscheidenden Merkmalen und wenn möglich eine Bestätigung durch die Ploïdie. Bei meinem ersten Besuch im Jahr 2009 hatte ich das Glück eine Gruppe mit Frucht zu finden (Feldnummer: HRU9063, Abb. 4). Die Samen waren reif und die DNS-Messung (DNS Nummer: HR331) zeigte, dass diese tetraploïd waren. Die Sämlinge sind jetzt vier Jahre alt, haben aber noch nicht geblüht. Die Ploïdiemessung an Wurzeln dieser Jungpflanzen (DNS-Nummer HR685) hat jedoch bestätigt, das diese tetraploïd sind. Das schließt also E. triglochidiatus subsp. mojavensis aus und lässt nur einen Vertreter der coccineus-Gruppe zu. Höchstwahrscheinlich ist dies Echinocereus bakeri (zuvor als E. coccineus subsp. coccineus eingestuft)! Am nächsten Tag besuchten wir im Ortskern von Chloride die alte Tankstelle (Abb. 5), die Eisenbahn, welche vorher zur Silbermine führte (aber heute nach 50 Meter schon aufhört), den Supermarket, der gleichzeitig auch Souvenirladen und Tourismusbüro ist, und natürlich auch die Echinocereus-Standorte in den Granitfelsen (RUINAARD 2011). Im Zentrum blühten viele große bis sehr große E. bakeri-Gruppen (Abb. 6) jeweils mit nur zwitterigen Blüten (Abb. 8) oder nur weiblichen Blüten (Abb. 9). Vom Hügel gegenüber dem RV-Park hat man eine schöne Aussicht über die Stadt (Abb. 10), den RV-Park und die Granitfelsen. Hier traf ich auf die ersten E. engelmannii subsp. engelmannii-Gruppen. Am Rand der Granitfelsen wurden wir begrüßt von einer sehr schön blühenden E. bakeri-Pflanze mit etwas abweichender Petalenform (Abb. 11). Der Blütenreichtum, welcher nachher folgte, war erstaunlich. Überall am Hügel blühten E. bakeri (Abb. 12) und dazwischen wuchsen sehr schön bedornte E. engelmannii. Viele dieser Gruppen waren sehr lang und gekrümmt bedornt, andere zeigten rosa Knospen statt die übliche gelb-grüne Knospenfarbe (Abb. 13). Eine formte sogar eine schöne Cristate (Abb. 14). In dieser Situation (die-se Knospen brauchten nur noch drei oder vier Tage, um zur Blüte zu kommen) ist es nicht undenkbar, dass E. bakeri und E. engelmannii Hybriden bilden. Die rosa Knospen weisen vielleicht schon darauf hin! Nachdem so viele schöne Pflanzen fotografiert wurden, wollte ich noch einen zweiten Tag in Chloride verbringen. Der Inhaber des Supermarket und gleichzeitig Manager des Tourismusbüros empfahl mir, die „Murals“ (Mauergemälde) zu besuchen. Vom RV-Park aus ein Spaziergang von 4 km hin und 4 km zurück. Weil die „Murals“ eigentlich der einzige touristische Höhepunkt von Chloride sind, wollten wir das gerne sehen, insbesondere weil diese Wanderung in Richtung der Berge geht. Unterwegs entdeckte ich nur E. engelmannii, aber angekommen an den Murals, wurde ich angenehm überrascht durch die roten Blüten von Echinocereus-Gruppen auf Granitfelsen (Abb. 16). Die Besteigung der Felsen war nicht sehr schwer und verschaffte einen schönen Blick auf einige kleinere und größere bakeri-Gruppen (Abb. 17 und 18). Zufrieden wanderte ich zurück zum RV-Park, um dort zu entdecken, dass es gar nicht nötig gewesen wäre so weit zu spazieren, weil hinter dem Campground auch schöne bakeri-Pflanzen blühten). Unterschiedliche Merkmale der verschiedenen Populationen Soweit ich feststellen kann, gehören die rot blühenden Echinocereus-Vorkommen in Chloride zu E. bakeri (bislang coccineus subsp. coccineus). Dazu eine weitere Bemerkung: Die Pflanzen bei Chloride stehen in einer Höhe von ca. 1270 m und sehen genauso aus wie die Pflanzen in Granit Dells (Arizona), im Red Rock State Park (Arizona) und die Pflanzen in Utah, wie sie von Dorde Woodruff vorgestellt wurden (WOODRUFF 2014). Das Verbreitungsgebiet von E. coccineus ist hauptsächlich New Mexico und Texas. Die morphologischen Unterschiede zwischen den verschiedenen coccineus-Unterarten sind in Tabelle 1 dargestellt; in der Natur sind die Verbreitungsgebiete nicht weit voneinander entfernt. Die Taxa coccineus, rosei und gurneyi haben ungefähr die gleiche Rippenzahl, roemeri und paucispinus haben deutlich weniger Rippen. Die Subspezies coccineus unterscheidet sich von subsp. rosei durch ihre etwas kürzeren Rand- und Mitteldornen, weniger Mitteldornen und etwas kleinere Blüten. Es ist deshalb schwer eine deutliche Grenze zwischen den Verbreitungsgebieten dieser Subspezies (und den anderen) festzustellen (vergl. Tabelle 1). Doch was sind die Merkmale der rot blühenden Pflanzen in Chloride? Grundsätzlich gibt es in Chloride drei (Teil-)Populationen, nämlich: in der Stadtmitte, an den Granitfelsen und an den Murals. Selbstverständlich könnte man sagen, dass die Population in der Stadtmitte die gleichen Merkmale hat wie die Population an den Granitfelsen. Im Prinzip ist das auch so, aber zum Vergleich habe ich von allen Vorkommen die Merkmale festgestellt (vergl. Tabelle 2). Bemerkenswert sind Körperhöhe und Anzahl der Einzelsprosse in einem Polster. Die Körperhöhe ist in Chloride nicht so hoch wie in der Typ-Beschreibung. In der Stadtmitte kommen auch riesengroße Polster vor. Ich habe diese ausgezählt mit etwa 250 Körpern bei einem Durchmesser von ca. einem Meter. Solche Riesenpolster sind mir auch bekannt von E. yavapaiensis in Yarnell und vom Red Rock State Park (Arizona). Offensichtlich sind die Polster in der Stadtmitte viel älter als die an den Granitfelsen und an den Murals oder sie werden von den Bewohnern sehr gut bewässert. Abgesehen von einigen abweichenden Blüten und etwas längerer Bedornung einiger Gruppen sind die Unterschiede zwischen diesen drei Teilpopulationen eigentlich sehr gering; alle liegen innerhalb der Streuung der Erstbeschreibung von E. bakeri (siehe Tabelle 2). Es war für mich eine große Freude am Ende einer Reise durch ein kaltes Frühjahr noch so viele Blüten bewundern zu dürfen. Chloride war für mich die Mühe eines zweiten Besuches wert Literatur BLUM, W. & FELIX, D. (2014): Echinocereus coccineus Engelmann in Arizona? – Kaktusblüte: 64–66. BLUM, W., LANGE, M., RISCHER, W., RUTOW, J. (1998): Echinocereus Monographie. J. Rutow Selbstverlag. BLUM, W., OLDACH, T. & J. (2015a): Echinocereus gurneyi (L. D. Benson) W. Blum, T. & J. Oldach stat. nov. Cactus Adventures International 105: 33. BLUM W., OLDACH, T. & J. (2015b): A new Echinocereus Taxon with red flowers from the Trans Pecos area of Texas. The Cactus Explorer 14: 51– 64. BLUM, W., OLDACH, T. & J. (2015c): A new Taxon of Echinocereus in Arizona. - Cactus Adventures International 106/107: 21–31. RUINAARD, H. P. (2011): Besuch in Chloride, Arizona. Ecf. 24 (3): 60–67. WOODRUFF, D. W. (2014): Die rot blühenden Echinocereus-Arten in Utah. – Ecf. 27 (3): 75–84. henk.ruinaard@tiscali.nl